In Online-Prüfungen gibt es verschiedene Vorteile offener Aufgabenformate: Multimediaelemente lassen sich einfach in Aufgabenstellungen (Texte, Bilder, Audio, Video) einbetten, in der Bearbeitung nutzen Studierende ein gewohntes Format und für die Bewertung liegen Freitextaufgaben in Maschinenschrift vor. Letzteres führt durch die bessere Lesbarkeit zu einer einfacheren Korrektur und vermeidet Distraktionen durch das Schriftbild. Die folgenden Informationen geben Ihnen knappe Hinweise zur Konstruktion und zur Auswertung.
A. Offene Aufgabenformate konstruieren
Bei der Konstruktion offener Aufgaben empfiehlt sich ein schrittweises Vorgehen entlang der Lernziele Ihrer Lehrveranstaltung:
Schritt 1: Wählen Sie den zu prüfenden Inhalt aus
Schritt 2: Präzisieren Sie den kognitiven Anforderungsbereich, d.h. wie einfach oder komplex der Lerninhalt bearbeitet werden soll (z.B. „Erinnern“ „Verstehen“ „Anwenden“ „Analysieren“ „Evaluieren“ „Kreieren“, Anderson & Krathwohl, 2001)
Schritt 3: Formulieren Sie die Fragen/Aufgabenstellungen und beginnen Sie diese mit Verben, die zum kognitiven Anforderungsbereich passen), z.B.
- „Erläutern Sie zentrale Forderungen aus der aristotelischen Poetik.“
- „Nennen und erläutern Sie drei Argumente, die die These vom Demokratiedefizit europäischen Regierens untermauern.“
Ressourcen
Sie können mehr oder weniger umfangreiches und komplexes Material (Texte, Videos, Bilder, Diagramme, Tabellen,) in die Aufgabenstellung mit einbeziehen.
Tipps
- Verwenden Sie klare, eindeutige Instruktionen.
- Vermeiden Sie Fragen, die mit Wer, Was, Wann, Wo beginnen, sondern nutzen Sie für die Fragen Verben, die illustrieren, welche Leistung erbracht werden soll (s.o.).
- Machen Sie die Art und den Umfang der geforderten Leistung erkenntlich.
- Zusätzliche Bearbeitungshinweise (z.B. „Achten Sie besonders auf den Bezug zu Modell XY“) können die Schwierigkeit senken.
- Geben Sie in der Fragestellung keine ungewollten Lösungshilfen, stellen Sie aber auch keine Fallen und verwenden Sie keine irreführenden Details.
- Achten Sie auf eine angemessene Länge der Fragestellung, da sonst eine Konfundierung der Ergebnisse mit der Gedächtnisleistung auftritt.
- Legen Sie im Vorfeld Bewertungsrichtlinien bzw. Kriterien für die Unterscheidung von richtigen und falschen Antworten fest (→ Objektivität).
B. Kriterien zur Bewertung offener Aufgaben entwickeln
Um offene Aufgaben fair und objektiv bewerten zu können, sollten Sie frühzeitig entlang Ihrer Lernziele geeignete Kriterien entwickeln. Die Anwendung von Kriterien vermindert den Einfluss von Urteilsverzerrungen und liefert darüber hinaus eine Grundlage für eine transparente Kommunikation mit Studierenden über Anforderungen im Vorfeld einer Prüfung und für informierende Rückmeldungen nach der Bewertung.
Einige Tipps
- Ziehen Sie eine kriteriale Bewertung einem sozialen Bezugsrahmen vor.
- Achten Sie bei der Entwicklung von Kriteriensets darauf, nicht nur eine Liste von Inhalten aufzulisten, sondern die Kriterien anhand der Lernziele zu entwickeln (® Inhalte und kognitives Anspruchsniveau).
- Erstellen Sie Musterlösungen.
- Nutzen Sie Möglichkeiten für Peer- und Self-Assessment bei formativen Prüfungen.
- Nutzen Sie wenn möglich Lehrteams zur Bewertung.
3 Schritte zur Entwicklung von Bewertungskriterien
- Dimensionen festlegen, z.B. Vollständigkeit, Richtigkeit und Genauigkeit, Begründung und Strukturierung, angemessenes Anspruchsniveau
- Extrempole der Dimension möglichst verhaltensnah definieren
- Wie könnte/sollte eine bestmögliche Leistung aussehen?
- Welche Leistung wäre nicht mehr akzeptabel?
- Nach Möglichkeit weitere Kategorien definieren (Ziel: Überführung in Notenstufen)
Beispiel für Bewertungskriterien (nach Werth & Sedlbauer, 2011)
.hkb-article__content table tr {font-size: 14px;} .wp-block-table.aligncenter tr td:first-child{border-right:4px solid #1169B0} .wp-block-table.aligncenter tr:first-child{border-bottom:4px solid #1169B0}Bewertungskategorie | |||||
Kriterium | Sehr negativ | Negativ | Teils teils | Positiv | Sehr positiv |
Vollständigkeit | Sehr lückenhaft | Kaum/ nicht ausreichend | Fast vollständig | Vollständig | |
Richtigkeit und Genauigkeit | Ganz falsch oder weit weg vom Thema | Antwort mit einigen Fehlern | Richtig, aber nicht 100% auf den Punkt | „trifft den Nagel auf den Kopf“ | |
Begründung und Strukturierung | Raten, falsche Begründung, kein roter Faden | Nur vage Begründungen, wenig strukturiert | Begründung mit Standard-argumenten | Vollständig, selbständig hergeleitet, klar usw. | |
Angemessenes Anspruchsniveau | Nur Allgemein-wissen, keine Fachsprache. | Kaum Fachwissen | Fachwissen | Großes Fachwissen |
Quellen
Werth, L. & Sedlbauer, K. (2011). In Forschung und Lehre professionell agieren. Bonn: Deutscher Hochschulverband.
Anderson, L. W., Krathwohl, D. R., & et al. (Eds.). (2001). A taxonomy for learning, teaching, and assessing: a revision of Bloom’s taxonomy of educational objectives. Boston: MA.