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Digitale Lehre: besser als erwartet, aber kein Ersatz für Campusleben

Beitrag im UniReport 05/2020

Ergebnisse einer Online-Befragung von Lehrenden und Studierenden zum Sommersemester 2020

Das „Ausnahmesemester“, das Sommersemester 2020, hatte die Universitäten sehr plötzlich vor die Aufgabe gestellt, den Lehrbetrieb Corona-bedingt komplett im virtuellen Modus zu organisieren und durchzuführen. Die Frage stellt sich: Wie gut konnten die Lehrenden binnen kürzester Zeit ihre Seminare umstellen, wie hat der Wechsel vom Präsenz- in den Online-Betrieb geklappt? Wie haben aber auch die Studierenden dieses Semester erlebt?  Eine Studie der Abteilung Lehre und Qualitätssicherung, die unter anderem mit studiumdigitale und dem Interdisziplinären Kolleg Hochschuldidaktik entwickelt wurde, hat im Rahmen einer Onlinebefragung zwischen Anfang August und Mitte September Studierende und Lehrende um Rückmeldungen zu ihren Erfahrungen gebeten. Jeweils die Hälfte der beiden Zielgruppen wurde befragt, mit einem Rücklauf von 33 Prozent (Lehrende) und 15 Prozent (Studierende) sind beide repräsentativ erfasst. 

Mehrheit sieht sich Herausforderungen gewachsen
Ein erfreuliches Ergebnis: der Großteil der Befragten ist mit der virtuellen Lehre zufrieden, das gaben 77 Prozent der Lehrenden und 64 Prozent der Studierenden an.  In beiden Zielgruppen sah sich jeweils die Mehrheit „den Herausforderungen des Sommersemesters gewachsen“, 86 Prozent der Lehrenden gaben dies an. Bei den Studierenden waren es hingegen nur 67 Prozent, bei immerhin 33 Prozent war dies somit nicht der Fall. Die Frage, ob die Studierenden im Sommersemester belasteter waren als in sonstigen Semestern, wurde von 76 Prozent (Lehrende) bzw. 65 Prozent (Studierende) bejaht.  Ein weiterer Aspekt der Befragung betraf die technische Ausstattung:  77 Prozent (Lehrende) bzw. 85 Prozent (Studierende) schätzen ihre Ausstattung mit Blick auf die Durchführung bzw. Teilnahme an virtuellen Lehrformaten als gut ein. 85 Prozent der Lehrenden haben Interesse an der Gestaltung virtueller Lehre, 80 Prozent schätzen die Auseinandersetzung hiermit. Erfreulich auch bei beiden Zielgruppen der Zuwachs an digitale Kompetenz: So gaben 89 Prozent (Lehrende) bzw. 69 Prozent (Studierende) an, diese Kompetenzen im Sommersemester weiterentwickelt zu haben. Jedoch gaben die Lehrenden auch an, für einige Themen Schulungsbedarfe zu haben: dazu gehören „Rechtliche Aspekte virtueller Lehre“ (63 Prozent), „Elektrische Literaturversorgung“ (70 Prozent) und „Digitales Prüfen“ (63 Prozent). 

Studierende üben auch Kritik
Über die Hälfte der Studierende beklagt, dass der persönliche Kontakt im Studium gefehlt habe, vor allem zu ihren Kommiliton*innen; 53 Prozent hatte das Gefühl, beim Besuch virtueller Lehrveranstaltungen „nicht dazuzugehören“. Ebenfalls über die Hälfte der Studierenden berichtet, sich weniger aktiv als sonst an den Lehrveranstaltungen mit Wortbeiträgen beteiligt zu haben – eine Einschätzung, die sogar von 2/3 der Lehrenden bestätigt wird. Kritisch äußert sich ein Teil der Studierenden auch zu ihrer Lernsituation: Über ein Viertel gab an, keinen Ort zur ungestörten Nutzung der virtuellen Lehrangebote zu verfügen. 

Der Vizepräsident der Universität für Studium und Lehre, Prof. Roger Erb, betont:

„Mit den Ergebnissen der Befragung haben wir wertvolle Einblicke in den virtuellen Lehrbetrieb unter Corona-Bedingungen gewonnen. Damit können wir zum einen die Lehrenden künftig besser unterstützen, digitale Tools und Lernplattformen für ihren Unterricht zu nutzen, zum anderen aber auch den Austausch der Studierenden untereinander fördern und ihnen bessere Unterstützungsangebote an der Universität bieten.“    

Weitere Auswertungen des Sommersemesters folgen

Die Befragung ist ein Bestandteil des Evaluationskonzepts für das Sommersemester 2020. Im November wird es eine zweite Befragung mit dem Schwerpunkt „Prüfungen“ geben. Außerdem werden weitere Datenquellen, wie zum Beispiel Nutzungsdaten, ausgewertet. Ziel ist es, Erkenntnisse und Hinweise für die künftige Weiterentwicklung von Studium und Lehre zu erhalten: Was kann die Goethe-Universität aus diesem Semester lernen? Worauf lässt sich weiter aufbauen, was lässt sich fortsetzen, wo sind die Stolpersteine? Wie müssen die Angebote der Infrastruktur und der digital gestützten Lehre zielgerichtet angepasst werden?